Aktueller Ehrenamtssurvey: Was die neue Studie für uns bedeutet

Foto: VCP/Oliver Frey

Vor einigen Wochen wurde der aktuelle deutsche Freiwilligensurvey veröffentlicht. Er ist eine repräsentative Befragung zum freiwilligen Engagement in Deutschland, die sich an Personen ab 14 Jahren richtet und seit dem Jahr 1999 im fünfjährlichen Abstand erhoben wird. Er wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

Der Freiwilligensurvey 2024 zeigt: Ehrenamt in Deutschland ist stabil. Rund 37 % der Menschen ab 14 Jahren engagieren sich; das sind etwa 27 Millionen Menschen. Eine starke Zahl, die Mut macht. Gleichzeitig zeigt die Studie: Engagement verändert sich. Zeit, Lebensphase und digitale Möglichkeiten prägen, wie und wann Menschen sich einbringen.

Für den VCP sind diese Zahlen nicht nur interessant, sie betreffen uns direkt. Unsere Arbeit lebt vom Ehrenamt: von Gruppenleitungen über Stammesleitungen bis zu Bundesengagierten. Die Ergebnisse geben Hinweise, wie wir Engagement langfristig stärken können.

  • Ehrenamt bleibt wichtig, aber unter Druck. Viele Menschen haben weniger Zeit, die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Engagement fällt schwerer. Krisen und Unsicherheiten hinterlassen Spuren. Für uns heißt das: Ehrenamtliche entlasten, Aufgaben machbar gestalten und Entscheidungen nah an der Realität der Engagierten treffen.
  • Jugendliche wollen Verantwortung übernehmen. Zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen können sich Engagement vorstellen: perfekt für den VCP, wo junge Menschen aktiv mitgestalten. Aber Lebenswege sind brüchig: Schule, Ausbildung, Umzüge oder Nebenjobs beeinflussen, wie viel Zeit bleibt. Wir müssen früh Verantwortung ermöglichen, Rollen klar beschreiben und Übergänge begleiten, damit Jugendliche dran bleiben.
  • Erwachsene engagieren sich seltener; auch bei uns fehlt ihnen der Zugang. Besonders zwischen 30 und 49 Jahren sinkt das Engagement, vor allem bei Frauen, Teilzeitbeschäftigten und Eltern. Im VCP endet nach 21 Jahren oft das klare Rollen- und Lernfeldsystem. Viele Erwachsene finden sich ohne definierte Aufgaben wieder. Unser Lösungsansatz: eine Erwachsenenstufe mit klaren Rollen, Aufgabenprofilen und Lernfeldern. Sie ergänzt die wichtige Arbeit der jüngeren Mitglieder und gibt Erwachsenen Orientierung. So können sie Verantwortung übernehmen, die Jugendleitung unterstützen und das Engagement langfristig tragen.
  • Unsere Verbandsstrukturen sind ein Vorteil, den wir pflegen müssen. Vereine und Verbände überstehen Krisen besser und bieten Sicherheit, Orientierung und Gemeinschaft. Wir müssen diese Strukturen weiterentwickeln und als Unterstützung begreifen. Nicht als zusätzliche Last.
  • Digitalität gehört zum Ehrenamt dazu. 86 % der Engagierten nutzen digitale Tools, um Engagement zu erleichtern: für Absprachen, Dokumentation oder Terminplanung. Der VCP ist hier bereits gut aufgestellt. Jedoch sollten wir die Förderung digitaler Kompetenzen in unsere Ausbildungsprogramme integrieren.
  • Engagementpotenzial ist groß – wir müssen es aktiv nutzen. 41 % der Menschen ohne Ehrenamt könnten sich vorstellen, aktiv zu werden. Viele warten auf eine Möglichkeit, ein Projekt oder eine Einladung. Wir müssen Menschen gezielt ansprechen, niedrigschwellige Angebote schaffen und Beteiligung begleiten. Auf Bundesebene haben wir bereits mit dieser gezielten Ansprache (Active Sourcing) angefangen. Diese haben wir uns von der Pfadibewegung Schweiz abgeschaut.

Der Freiwilligensurvey macht deutlich: Ehrenamt ist stark, aber nicht selbstverständlich. Für den VCP heißt das, Verantwortung zu verteilen, Engagementmodelle an Lebensphasen anzupassen, Jugendliche beim Dranbleiben zu begleiten, Leitende zu entlasten, digitale Tools selbstverständlich zu nutzen und Menschen ohne Zugang aktiv einzubeziehen.

Der VCP lebt vom Engagement vieler. Wenn wir dieses Engagement stärken wollen, müssen wir diese Fragen ernst nehmen und mutige Antworten finden. Pfadfinden wirkt – aber nur, wenn Menschen es möglich machen.

Annika „Aki“ Kanitz aus der Bundesleitung.
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