Bärlauch, Fallobst, Walderdbeeren und der kleine Fuchsbandwurm

Foto: VCP/Benedikt Bahl

Pfadi-Gesundheit Folge 18

Bandwürmer zirkulieren zwischen ihren Haupt- und Nebenwirten. Im Hauptwirt heften sie sich im Darm an und ernähren sich direkt aus dem Darminhalt, ohne eigenen Verdauungstrakt. Sie werden nach ihrem Hauptwirt benannt, also Hunde-, Fuchs-, Rinder-, Schweine- oder Fischbandwurm. Zur Fortpflanzung bilden sie mikroskopisch kleine Wurmeier, die vom Hauptwirt mit dem Kot ausgeschieden und über damit kontaminierte Pflanzen von Nebenwirten, also Pflanzenfressern oder Nagetieren wieder aufgenommen werden.

Aus den Eier schlüpfen in den Nebenwirten „Finnen“. Das sind Larven, welche die  Darmwand durchdringen und dann „krebsartig“ in den inneren Organen wuchern. Durch den Organbefall verendet der Nebenwirt rasch, wird von einem Hauptwirt gefressen –  und der Zyklus beginnt von neuem.

Menschen gelten als „Fehlwirte“, weil sie auch die Eier aufnehmen, an den wuchernden Finnen schwer erkranken, aber das erst nach vielen Jahren und in der Regel nicht von einem Hauptwirt gefressen werden. Damit bricht der Zyklus ab.

Der wenige Millimeter große Fuchsbandwurm findet sich auf der gesamten Nordhalbkugel, ausgenommen Skandinavien, Großbritannien, Irland und die iberische Halbinsel. In einem breiten Landstreifen nördlich der Alpen, welcher sich von Ost-Frankreich über den Norden der Schweiz, Baden-Württemberg, Bayern, Liechtenstein bis in den Westen Österreichs erstreckt, sind bis zu 75% der Füchse infiziert, besonders in den kühleren Mittelgebirgen. In anderen Teilen Deutschlands sind es bis zu 30%. Neben Füchsen sind Hunde, seltener, Katzen, Wölfe, Dachse und Marderhunde auch „Hauptwirte“. Zwischenwirte hier Feld- und Wühlmäuse, Bisamratten, Biber und andere Nager. Wird der erkrankte Nager oder dessen Kadaver von einem Hauptwirt gefressen, beginnt der Kreislauf erneut.

Martin Mecnarowski (http://www.photomecan.eu/), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Wie sich Menschen als „Fehlwirte“ infizieren, ist unklar! Aufgrund der jahrelangen Zeitspanne zwischen Ansteckung und Diagnose lässt sich keiner der drei Übertragungswege beweisen noch ausschließen:

  1. Möglich wäre es über freilaufende Hunde und Katzen. Beim Streicheln geraten Wurmeier von deren Fell über die Finger in den Mund.
  2. Bei Landwirten wird vermutet, dass sie trockene Wurmeier bei der Heuernte einatmen.
  3. Vermutet wird auch die Übertragung von Wurmeier über niedrig hängende Waldfrüchte (Walderdbeeren, Bärlauch, Pilze), Fallobst oder Gemüse.

Nach dem Überwinden der Darmwand verursachen die Finnen die „alveoläre Echinokokkose“, eine lebensgefährliche Infektion von Leber und anderen inneren Organen. In Deutschland wird sie  jährlich bei 50 bis 150 Personen festgestellt. Ohne Behandlung ist der Befall in der Leber tödlich. Nur ein kleiner Teil der Erkrankten kann erfolgreich operiert werden, die übrigen müssen lebenslang Wurmmittel einnehmen.

Folgende Maßnahmen sollen die Aufnahme von Wurmeiern vermeiden:

  • Waldfrüchte, Fallobst und Gemüse sorgfältig vor dem Genuss abwaschen.
  • Alle roh verzehrten Nahrungsmittel sollten gründlich mit Wasser gesäubert werden, denn Füchse jagen auf Feldern und dringen bis in den Stadtrand vor.
  • Wurmeier lassen sich durch ein Erhitzen der Nahrung auf über 60°C abtöten. Normales Einfrieren reicht nicht aus. Einlegen in Alkohol oder äußerliches Desinfizieren nützt auch nicht!
  • Entfernen der Fuchslosung (Kot) in Gärten und Spielplätzen. Abdecken von Sandkästen und Komposthaufen, wenn Füchse gesichtet wurden. Händewaschen nach dem Anfassen erlegter Füchse oder toter Nagetiere, ebenso nach Erd- und Gartenarbeiten.
  • Wurmeier können sich auch auf dem Fell von Hunden und Katzen befinden.
Jörg Hempel, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Regelmäßiges Entwurmen von Hunden und Katzen, alle zwei Monate bei solchen, die oft draußen sind und gerne Mäuse fangen. Auch sie können Hauptwirte sein!

Anzeichen für eine Fuchsbandwurmerkrankung können Abgeschlagenheit, Gelbsucht, wiederkehrende Oberbauchschmerzen, Gewichtsverlust oder eine vergrößerte Leber sein.

Ein Blick über den Tellerrand: Der beim Menschen vom Hundebandwurm, einem Verwandten des Fuchsbandwurms, verursachte Organbefall („zystische Echinokokkose“) ist ein gigantisches medizinisches Problem mit mehr als einer Million erkrankter Menschen weltweit, das wie Tuberkulose, Malaria und anderen „vergessenen Tropenkrankheiten“ (neglected tropical diseases) nicht die nötige Aufmerksamkeit erhält. In Peru, Argentinien, Ostafrika, Zentralasien und China sind bis zu 10% der Bevölkerung betroffen, in Teilen Südamerika sind 20 – 95% des Schlachtviehs. In Deutschland werden jährlich nur rund 80 Hundbandwurm-Erkrankte erfasst. Meist haben sie sich im Mittelmeerraum, auf dem Balkan oder im Nahen Osten durch Schafs- oder Schweinefleisch angesteckt.

Gut Pfad!

Uli, Römi & Lennart

Dr. Uli Eiden, VCP Stamm Johannes Gutenberg Mainz, GAB, RP/S

Michael Römer, VCP Stamm Franz von Sickingen Hambach, Neustadt, GNB, RP/S

Lennart Scheel, VCP Stamm Albert Schweitzer Breitenbach, GPW, RP/S

Quellen:

Bayerisches Gesundheitsamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Fuchsbandwurm, Der Fuchsbandwurm, Stand 29.4.2024.

Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Universität Hohenheim, Stuttgart „Der kleine Fuchsbandwurm“, Stand Mai 2005.

Österreichisches Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: „Fuchsbandwurm“, Stand 30.6.2025.

Robert Koch-Institut Berlin: Echinokokkose (Hunde-, Fuchsbandwurm-Infektion), Stand 9.1.2024.

Weltgesundheitsorganisation „Echinococcosis“, Stand 17.5.2021.

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