Freundschaft verbindet: Pfadis trotzen dem Krieg

Foto: Henning Eimer

Der Stamm Florian Geyer Hameln lud im August ukrainische und britische Pfadfinder*innen zum Friedensjamboree ein.

Stell dir vor, du bist auf einem Lager und darfst dein Zelt nur in einem dichten Wald aufschlagen. Feuer machen ist verboten. Durch die Bäume siehst du Drohnen am Himmel fliegen. Stell dir vor, du gerätst auf dem Weg zur Sippenstunde in einen Raketenangriff. Stell dir vor, du musst von einem Tag auf den anderen deine Sippe leiten, weil du die Älteste bist und der Jugendgruppenleiter eingezogen wurde. Das ist Pfadfinden im Krieg.

Wie der Krieg das Pfadileben verändert hat
42 ukrainische Pfadis vom Stamm „Scouts of Dnipro“ schilderten uns VCPer*innen vom Stamm Florian Geyer Hameln und den englischen Sea Scouts aus Torbay eindrucksvoll ihren Alltag. Sie erzählten uns, wie der Krieg ihr Leben verändert hat. Gemeinsam hatten wir und unsere Partnerstämme uns zu einem trinationalen Jamboree auf dem Pfadizeltplatz Töneböncamp in Hameln versammelt. Nicht alle Scouts of Dnipro waren aus der Ostukraine angereist: Sie kamen – wie schon vor zwei Jahren beim letzten trinationalen Jamboree – verstreut aus Frankfurt, Paris, Wien, Berlin, dem Großraum Oslo und aus Hameln. Alle waren überglücklich, ihre alten Stämme fern der Heimat wiederzutreffen. 130 Pfadis verbrachten gemeinsam friedliche und erlebnisreiche Tage mit Wandern, Minigolfen, Baden, Geländespielen, Workshops und Lagerfeuerrunden. Die Sea Scouts zog es nach Wolfsburg und in den Harz, die Scouts of Dnipro nach Bremen und zu den Externsteinen im Teutoburger Wald.

Das Leben in Dnipro ist eine tägliche Lotterie
Der Krieg war weit weg und doch erreichten erschütternde Nachrichten unser Camp: „Putin lässt Ferienlager angreifen“. Es gab Tote und Verletzte. Bereits die letzte Nacht in Dnipro war die mit den schwersten Luftangriffen seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gewesen. Am Morgen der Abreise nach Hameln war das Ausmaß der Schäden noch gar nicht bekannt. Die Antwort der Scouts of Dnipro auf die Frage, wie der Krieg das Leben verändert hat: „Unser Dasein ist eine tägliche Lotterie“. Dnipro ist eine große Industriestadt, ca. 80 km von der Frontlinie entfernt. Die Bevölkerung ist den täglichen Drohnen- und Raketenangriffen Russlands ausgesetzt. Seit Kriegsbeginn hat die Stadt außerdem viele Binnengeflüchtete aus den russisch besetzten Gebieten der Ostukraine aufgenommen und ist bemüht, diese zu integrieren. So auch die Scouts of Dnipro. Dem Stamm gehören inzwischen über 120 Mitglieder an. Wir sind erleichtert, dass unsere ukrainischen Freund*innen nach fast 48 Stunden Fahrt wohlbehalten wieder in Dnipro angekommen sind und hoffen auf ein glückliches Wiedersehen auf dem Bundeslager im nächsten Sommer!

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