Es gibt eine Zeit für Fahrt, Lager und Ferienabenteuer, und eine Zeit für Schule, Ausbildung, Studium oder Arbeit
Fahrtensommer: Lager, Fahrt, Abenteuer! Wandern, mit dem Fahrrad unterwegs sein, Kanu fahren, Lagerfeuer, im Zelt schlafen, die Natur erleben, neue Freundschaften schließen… Die schönen Erinnerungen lassen die Blasen an den Füßen, die Mückenstiche und den nassen Schlafsack vergessen, ebenso wie den Lagerkoller oder den Streit ums Abwaschen. Lager und Fahrten sind schön, aber anstrengend – und für uns Pfadis ist der Sommer die Zeit, um unterwegs zu sein. Alles hat seine Zeit: „Für alles gibt es eine bestimmte Stunde. Und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Zeit“, so steht es in der biblischen Weisheitsliteratur im Alten Testament bei Kohelet/Prediger Salomo (3.1). Die Sommerferien und der Urlaub sind die große Auszeit im Jahr.
Hat Jesus eigentlich auch Urlaub gemacht?
Jesus, so berichtet es die Bibel, lebte als Wanderprediger und zog mit seinen 12 Jüngern und wahrscheinlich noch weiteren Anhänger*innen umher. Er hat gepredigt, mit Pharisäern und Schriftgelehrten über die Auslegung der Thora diskutiert, Kranke geheilt, sich für ausgegrenzte Menschen engagiert – und er hatte zu dieser Zeit wohl keinen festen Wohnsitz und lebte vermutlich von der Hand in den Mund, so wie viele Menschen damals. Ständig unterwegs sein – Traumszenario oder eine Vorstellung, die Angst macht. Und Jesus war ja nicht allein unterwegs! Gab es eigentlich auch Streit und Lagerkoller in der herumziehenden Jesusgruppe? Die biblische Überlieferung ist bruchstückhaft, wenn es um den konkreten Alltag der Jesusgruppe geht. Jesus ging nach seiner Taufe für 40 Tage und Nächte zum Fasten allein in die Wüste (Mt 4.1–11), aber das war direkt vor seinem öffentlichen Auftreten als Wanderprediger und Wunderheiler.
Nur wenn du froh bist, kannst du andere froh machen
Bei meiner Recherche zu der Frage, ob Jesus Urlaub machte, bin ich auf das kleine Kinderbuch „Jesus nimmt frei“ gestoßen. Der Autor Nicholas Allen erzählt hier von einem Jesus, der von seiner harten Arbeit – Wunder vollbringen und Geschichten erzählen – vollkommen erschöpft ist und deshalb zum Arzt geht. Dieser rät ihm: „Nimm dir einen Tag frei, Jesus. Ruh dich aus, tu etwas, was dir Spaß macht!“ Jesus befolgt den Rat des Arztes, geht für einen Tag allein in die Wüste und übt hier Rad schlagen, er jongliert mit seinem Heiligenschein und nimmt ein erfrischendes Bad. Doch am Abend hat Jesus ein schlechtes Gewissen, weil er niemanden an diesem Tag geholfen hat. Jesus beschließt, mit seinem Vater darüber zu reden. Gott zeigt Jesus, dass er genau richtig gehandelt hat, mit den Worten: „Nur wenn du selbst froh bist, kannst du andere froh machen!“ Diese Worte klingen wie eine Erklärung zum Gebot der Nächstenliebe: „Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!“ (Mt 22.39).
Buchtipp:
Nicholas Allan,
Jesus nimmt frei,
Kevelaer 2024 (10. Aufl age),
Lahn-Verlag
Pausen sind wichtig
Doch das Gebot der Nächstenliebe ist der zweite Teil des „wichtigsten Gebotes“, der erste Teil heißt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken.“ (Mt 22.36) Im Kinderbuch „Jesus nimmt frei“ heißt es als Erklärung, warum Jesus mit seinem Vater über das schlechte Gewissen redet passend zu diesem Gebot: „Jesus liebte seinen Vater sehr. Denn sein Vater wusste alles und hatte immer genau die richtigen Antworten.“ Bingo! Die richtige Antwort lautet: Gott hat das mit den Pausen, Auszeiten und Urlaub verdammt gut geregelt. Gott selbst nämlich hat sich nach der Schöpfung der Welt am siebten Tag ausgeruht und somit jeden siebten Tag als wöchentlichen, arbeitsfreien Ruhetag geschaffen (vgl. 1. Mose 2.2–3): „Du sollst an den Sabbat denken! Er soll ein heiliger Tag sein!“ (2. Mose 20.8), heißt es folglich in den Zehn Geboten. Merke: Pausen, Auszeiten, Ruhezeiten, Urlaub sind wichtig, aber begrenzt, denn: „Alles hat seine Zeit!“
jede Geschichte hat ihre Zeit!
Auch wenn die Geschichte „Jesus nimmt frei“ nicht in der Bibel steht, würde sie gut in die Bibel passen. Sie illustriert das wichtigste Gebot der Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe (Mt 22.34–40) und die Notwendigkeit von Auszeiten. An einer Stelle im Matthäus-Evangelium (Mt 14.23) heißt es übrigens: „Als die Volksmenge weggegangen war, stieg er [Jesus] auf einen Berg, um in der Einsamkeit zu beten. Es war schon Abend geworden, und Jesus war immer noch allein dort.“ Jesus nimmt sich eine Auszeit und schöpft Kraft im Gebet – und wandelt anschließend wundersam über den See zu seinen Jüngern, die mit dem Boot vorausgefahren waren und nun gegen den starken Wind kämpfen. Aber das ist eine andere Geschichte (Mt 14. 22ff.) und jede Geschichte hat ihre Zeit!
Kohelet / Prediger Salomo 3.1–8 und 11
1 Für alles gibt es eine bestimmte Stunde. Und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Zeit:
2 Eine Zeit für die Geburt und eine Zeit für das Sterben. Eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Ausreißen des Gepflanzten.
3 Eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen. Eine Zeit zum Einreißen und eine Zeit zum Aufbauen.
4 Eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen. Eine Zeit zum Klagen und eine Zeit zum Tanzen.
5 Eine Zeit, Steine wegzuwerfen, und eine Zeit, Steine zu sammeln. Eine Zeit, sich zu umarmen, und eine Zeit, sich zu trennen.
6 Eine Zeit zum Suchen und eine Zeit zum Verlieren. Eine Zeit zum Aufheben und eine Zeit zum Wegwerfen.
7 Eine Zeit zum Zerreißen und eine Zeit zum Zusammennähen. Eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden.
8 Eine Zeit zum Lieben und eine Zeit zum Hassen. Eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden.
(…)
11 Alles hat er so gemacht, dass es schön ist zu seiner Zeit. Auch hat er ihnen (= den Menschen) ans Herz gelegt, dass sie sich um die Zeiten bemühen. Nur kann der Mensch das alles nicht begreifen, was Gott von Anfang bis Ende tut.
Die Bibel-Texte folgen der Übersetzung der BasisBibel, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2021.

