von Rica Rösner
Es gibt so Tage, an denen mag ich nur das Weite suchen. Da verliere ich mich in Tagträumereien von der letzten großen Fahrt und erwische mich, wie ich schon wieder das nächste Lager plane. Vor allem an stressigen Tagen ist mein Kopf oft auf Wanderlust programmiert. Wenn alles zu viel wird, geht meine Fantasie mit mir durch. Sie bringt mich an weit entfernte Orte – manche existieren tatsächlich. Tja, und andere sind eher Luftschlösser. Luftschlösser, die mir in dem Moment oft sicherer erscheinen als die aktuelle Situation. Weil ich sie so gestalten kann, wie ich das möchte.
Und vielleicht kommt auch genau daher das Sprichwort „das Weite suchen“. Einfach über alle Berge, alles hinter sich lassen. Den Alltag, die Herausforderungen, den letzten Streit oder den Herzschmerz. Doch warum wollen wir wirklich das Weite suchen? Was malen wir uns in der unbekannten Ferne aus, das wir hier nicht haben können?


Ich glaube, der Wunsch, das Weite zu suchen, entspringt ganzoft einem Gefühl der Überforderung. Und vielleicht auch dem Gefühl, da gibt es noch mehr. Mehr zu sehen, mehr zu entdecken, mehr zu fühlen und ja, vielleicht auch mehr zu leben. Doch nach was sehnen sich Menschen wirklich? Eine gewagte Frage für so einen kurzen Text und doch eine Frage, die mich immer wieder beschäftigt. Vielleicht kann ich sie zumindest im Ansatz beantworten.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Durch und durch. Wir leben vom Miteinander und vor allem auch vom Austausch – sonst würdet auch ihr wahrscheinlich gerade die anp gar nicht lesen.
Und ich glaube, auch wenn wir manchmal nur das Weite suchen wollen, sehnen wir uns eigentlich nach Nähe. Nähe zu anderen, aber vor allem auch Nähe zu sich selbst. Zeit zu haben, um für sich selbst da zu sein und mal in sich blicken zu können. Quasi Austausch mit sich selbst. Wieder mehr bei sich selbst zu sein, um das Leben mehr zu spüren. Nähe zur Natur, zur Umgebung. Jeden Augenblick bewusst wahrzunehmen. Und ich glaube, wenn uns das gelingt, brauchen wir gar nicht unbedingt das Weite zu suchen. Und wenn doch, dann weil wir entdecken möchten und nicht, weil wir das Gefühl haben, flüchten zu müssen.
Denn vielleicht können wir ja auch in der Weite Nähe finden.