Was tun bei Lagerbauchweh?

Foto: VCP/Canva.

Pfadi-Gesundheit Folge 21

Wenn Kinder oder Jugendliche über Bauchschmerzen klagen, ist das zunächst oft kein Grund zur Sorge. Gerade bei gemeinschaftlichen Unternehmungen wie Zeltlagern oder Klassenfahrten spielen harmlose Ursachen wie leichte Infekte, Heimweh oder ungewohnte Ernährung eine große Rolle. Doch manchmal können hinter scheinbar banalen Symptomen auch ernsthafte Erkrankungen stecken. Damit Verantwortliche in der Gruppe sicher und angemessen reagieren können, hilft es, typische Auslöser und Warnzeichen zu kennen – vom Magen-Darm-Infekt über eine mögliche Blinddarmentzündung bis hin zu seltenen, aber gefährlichen Notfällen.

Gemeinsam mit neu aufgetretenem Durchfall sind leichte Bauchschmerzen zunächst unverdächtig. Solange sie nicht zunehmen oder stark sind, darf erst einmal von einer häufigen, unproblematischen Magen-Darm-Grippe ausgegangen werden, wie wir in Folge 19 erläutert haben.

Bei Verstopfungen (Folge 20) sind ein unangenehmes Völlegefühl und Blähungen häufig. Da aber ernste Erkrankungen mit Stuhlverhalt einhergehen, sollte bei Verstopfungen mit richtigen Schmerzen ärztliche Hilfe aufgesucht werden.

Heimweh kann bei Jüngeren auf ihrem ersten Zeltlager, auch Bauchschmerzen bereiten. Am besten fragt sein/ihr Akela bzw. Gruppenführer*in, was schlimmer ist: die Bauchschmerzen oder die Traurigkeit, weil Mama/Papa fehlen. Wenn die Schmerzen beim Spiel oder bei Ablenkung wieder verschwinden, war es wohl nichts Schlimmeres. Sonst telefoniere besser mit den Eltern.

Schoguchidi“: Nein, das ist keine japanische Köstlichkeit, sondern eine Schokolade-Gummibärchen-Chips-Diät. Andere genießen nämlich das Leben fern der Eltern mehr als für sie gesund ist. Diese Ernährungsart muss natürlich pausiert werden.

Wurden Nahrungsbeschränkungen vergessen? Schau‘ bei Bauchschmerzen im medizinischen Fragebogen nach, ob eine Gluten-, Fruktose- oder Laktose-Unverträglichkeit besteht. Eigentlich sollte das vorher schon bekannt sein, damit die Lagerküche sich drauf einstellen kann.

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  • Privatsphäre wahren.
  • Weibliche Vertrauensperson mit Hygieneartikeln – unbedingt sinnvoll bei gemischten Fahrten.
  • Eine Wärmflasche, Buscopan®, Ibuprofen oder Naproxen lindern die Unterbauchkrämpfe. Beipackzettel beachten, bei Jüngeren für Medikamente Einverständnis der Eltern einholen.
  • Leider gibt es auch gefährliche Ursachen für scheinbar harmloses Lagerbauchweh. Das ist für Pfadis nichts Neues, wie Du an diesem, über hundert Jahre alten Zitat Robert Baden-Powell aus „Pfadfinden“ ersehen kannst:

„Blinddarmentzündung: Das erwischt manche Leute eher plötzlich, dem geht immer Unwohlsein voraus. Es besteht ein scharfer Schmerz im Unterbauch, vom Nabel fünf Zentimeter nach rechts und unten. Suche einen Arzt auf.“ An einer Blinddarmentzündung erkranken rund 8% aller Menschen im Lauf ihres Lebens, 85% sind zwischen 5 und 30 Jahre alt. Es wäre also nicht ungewöhnlich, wenn es auf Fahrt und Lager passiert. Zu Beginn sind die Schmerzen noch diffus und nicht mit dem Blinddarm, genauer: mit seinem Wurmfortsatz (Appendix) in Verbindung zu bringen. Wenn sie aber nach ein paar Stunden einseitig werden, in den rechten Unterbauch wandern, solltest du hellhörig werden. Auffällig ist auch, das geringe Schütterungen zum Beispiel beim Springen oder Lachen die Schmerzen an der von BP beschriebenen Stelle verstärken.

Wenn die Schmerzen rasch zunehmen, beim Abtasten wie beim Loslassen des rechten Unterbauchs ausgelöst werden können, dann ist es einfach und die Erkrankten begeben sich gleich ins Krankenhaus. Oftmals sind die Schmerzen aber gar nicht so schlimm! Sowohl Verstopfung wie Durchfall können bestehen.

Merke: Bei einseitigen Schmerzen im rechten Unterbauch lieber früh ärztlichen Rat einholen, auch wenn es umständlich ist.

„Ketoazidose“: Vorsicht auch bei insulinpflichtigem Diabetes: Wurde die Insulingabe vergessen oder nicht gegeben, weil man sich damit in der Gruppe nicht zeigen wollte, sind hohe Blutzuckerwerte und eine lebensgefährliche Übersäuerung die Folge.

Das sind die Symptome:

  • Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen.
  • Schwäche, Lethargie und Schläfrigkeit.
  • Die sauren Ketone beschleunigen die Atmung und geben dem Atem einen sauren Geruch, ähnlich Nagellack oder frischen Äpfeln.
  • Starker Durst, trockene Zunge und eingefallene Augen.
  • Der Blutzucker liegt über 300 – 400 mg/dL (17 – 23 mmol/L)

Trauriges Beispiel: 2019 starb die 13jährige Emily auf einer Klassenfahrt nach London. Der Lehrerinnen war ihr Diabetes nicht bekannt und es wurde zu spät reagiert. Damit das nicht passiert, muss zwingend vor einer Fahrt oder Zeltlager der Gesundheitsfragebogen von den Eltern bzw. von Volljährigen ausgefüllt und unterschrieben vorliegen und der Inhalt der Gruppenführer*in, der Lagerleitung bekannt sein! Bei Diabetes, schwerem Asthma, starken Allergien oder einer Epilepsie sollte darüber hinaus auch der beste Freund*Freundin Bescheid wissen, damit er*sie Hilfe holen kann.

Gewalteinwirkung auf den Bauch, z. B. bei einem Sturz auf den Fahrradlenker: besser zum Arzt! Alarmiere gleich den Rettungsdienst bei starken Schmerzen, blasser Haut, schnellem Puls und verlangsamter Nagelprobe (Die Haut unter dem Nagel braucht mehr als zwei Sekunden, bis sie nach Fingerdruck wieder rosig ist.)

Hodenverdrehung: Beim Sport kann sich der Hoden verdrehen. Zwischen 12-18 Jahren liegt das Risiko bei 1:3000. Folge sind starke, diffuse, einseitige Unterbauch- und Hodenschmerzen rechts oder links. Hier wird rasch ein Krankenhaus mit Kinderchirurgie- oder Urologie-Abteilung gebraucht.

Gut Pfad,

Uli, Römi, Lennart

Dr. Uli Eiden, VCP Stamm Johannes Gutenberg Mainz, GAB, RP/S

Michael Römer, VCP Stamm Franz von Sickingen Hambach, Neustadt, GNB, RP/S

Lennart Scheel, VCP Stamm Albert Schweitzer Breitenbach, GPW, RP/S

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